Als ich im vergangenen Oktober kurz vor der offiziellen Eröffnung durch Angela Merkel und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher die großen Messehallen des ITS-Weltkongress durchquerte, war ich von der Vielfalt fasziniert: Über 400 unterschiedliche Aussteller kamen aus der Branche der intelligenten Transportsysteme (ITS) zusammen – alle mit dem Ziel, neue Mobilitätsangebote und eine vernetzte Infrastruktur zu schaffen, um unsere Städte, Kommunen und Mobilität insgesamt noch lebenswerter zu gestalten sowie die Ziele des Green Deals der Europäischen Kommission umzusetzen!
Vorausgegangen waren einige Monate Vorlauf und eine akribische Vorbereitung: Angefangen mit der Einreichung eines Technical-Papers gemeinsam mit unserem Partner Richard Lemloh und der ersehnten Zusage, über die Planung eines flankierenden Messeauftritts mit unserem Partner ITS-Mobility bis hin zur genauen Ausarbeitung meines Referentenbeitrags auf dem Kongress. Die Präsentation auf dem Kongress zeigt die Herausforderungen und Komplexität der vernetzten Mobilität entlang der Customer Journey auf und liefert auch Lösungsansätze zur Schaffung von kundenzentrierten Serviceangeboten, selbstorganisierten Teams und dem dafür notwendigen Leadership-Ansatz.
Das teilweise falsche Bild von Mobilität in Social Media
Die Branche der intelligenten Transportsysteme (ITS) vereint neue Geschäftsmodelle um die Beförderung von Personen (MaaS) und Gütern (TaaS) gepaart mit einer notwendigen intelligenten Infrastruktur. Diese beginnt auf den Straßen unserer Städte und zieht sich über Schienen, Luft- und Wasserwege sowie über unsere Autobahnen durch ganz Deutschland und Europa hindurch. In Hamburg geht es zudem um die Realisierung des #HamburgTakt. Bis 2030 soll jede Hamburgerin und jeder Hamburger von morgens bis in die Abendstunden binnen fünf Minuten ein öffentliches Mobilitätsangebot erreichen können.
Dieses Zusammenspiel verschiedener Akteure ist essenziell wichtig, wenn in wenigen Jahren autonome Fahrzeuge und Transporter die Zahl der privaten Pkws auf den Straßen reduzieren sollen. Alle dafür notwendigen Akteure der Mobilitätswende kamen auf dem ITS Weltkongress in Hamburg zusammen. Neben internationalen Politikern und bekannten Industrievertretern präsentierten sich die öffentlichen Nahverkehre, die Transport- und Logistikbranche sowie Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Startups und mittelständische Unternehmen. Die einzelnen Bundesländer waren mit je einem eigenen Stand vertreten.
Der Kongress war aus meiner Sicht einer der wichtigsten der Mobilitätsbranche, weil er auf die Bedeutung und Vielfalt aufmerksam machte. Umgekehrt wird die Wende teilweise in den sozialen Netzwerken zu eindimensional dargestellt: Mit verwaisten E-Scooter am Straßenrand. In Hamburg können diese leicht auch mal in der Elbe landen und kommen dann bei Ebbe zum unschönen Vorschein – so das gezeichnete Bild. Diese Sicht wird der Größe und Komplexität der Thematik bei weitem nicht gerecht, aber zeigt auch, welche Wahrnehmung in der Gesellschaft hängen bleibt.
Doch wie immer im Leben gibt es zwei Seiten der Medaille: Der ITS-Weltkongress selbst bekam einerseits viel Lob und Begeisterung, andererseits wurde in den sozialen Medien der fehlende „Wow-Effekte“ in der Art, Mobilität zu präsentieren und „erlebbar“ zu machen moniert. Diese Meinung stimme ich teilweise zu. In den Messehallen war zu wenig Erlebniswelt zum Anfassen und Ausprobieren. Dafür musste man die über ganz Hamburg verteilten “Technical Visits” besuchen bzw. an den angebotenen Touren teilnehmen. Diese Information kam aber eventuell nicht bei allen Besuchern an und erforderte auch mehr Zeit, als bei einem Tagesbesuch zur Verfügung stand. Dabei wäre gerade dieser Aspekt der Erlebniswelt “Mobilitätswende” so wichtig gewesen, um noch mehr Bürgernähe sowie Kundenzentrierung herzustellen und weg vom Bild der verwaisten E-Scooter zu kommen. Eine Möglichkeit wäre auch gewesen, die dezentralen Erlebniswelten über den Weltkongress hinaus noch einige Zeit für Bürger und Besucher der Stadt Hamburg offen und erlebbar zu halten.
Mein Fazit: Trotz des etwas fehlenden „Wow-Effekte“ in den Messehallen selbst, hat der ITS Weltkongress gezeigt, wie viel Energie in der Mobilitätsbranche steckt, woran aktuell gearbeitet und geforscht wird, aber auch, wo noch nachgebessert werden sollte. Für die Mobilitätswende und Hamburg war er enorm wichtig und erfolgreich.
Und was bleibt?
Oft ist es doch so: Eine Messe wird monate-, teils jahrelang vorbereitet und mit Trommelwirbel angekündigt, mit viel Mühe und Aufwand aller Beteiligten umgesetzt und ist dann abrupt auch wieder vorbei. Damit hier ein Nachklang bleibt, sollten die vorgestellten Themen auch danach ein Forum bekommen: Wo kommt die Branche regelmäßig zusammen? Wo finden aktuell Impulse und Austausch außerhalb der einzelnen Firmenzentralen statt? Wie bringen wir die Akteure und Unternehmen auch nach der Messe zusammen? Der Drive und die Aufbruchsstimmung, die ein Kongress mit sich bringen, müssen danach wieder neu entfacht und Formate für Kollaboration und Austausch geschaffen werden.
Warum lässt sich die Mobilitätswende nicht schneller realisieren?
Politische Vertreter und Anbieter der notwendigen Technologie und Infrastruktur kamen auf dem ITS Weltkongress zusammen: Das Vernetzen dieser Parteien ist unabdingbar, um die Mobilitätswende anzutreiben und die Ziele des Green Deals schnell zu erreichen.
Ist es also eine Frage des Mindsets, der Arbeits- und Führungskultur, wie wir offen und kollaborativ Herausforderungen angehen? Sind die Akteure der Mobilitätsbranche bestehend aus Verwaltung, städtischen Unternehmen, Mittelstand und Industrie bereit, die notwendigen neuen Wege, Führungsansätze und Kooperationen in und über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus einzugehen – hin zu digitalen Geschäftsmodellen?
Diesen Fragen gehen wir bei nextOrange auf den Grund und realisieren gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen, die diese Wege möglich machen.
(Alexander Krieg)
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